B wie "Bindung" 👉 Was sie wirklich ist, wie sie entsteht und warum sie die Basis für den Kinderschlaf ist💫
- Elena Grothus
- 15. Aug. 2024
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Jan.

Ich bin bedürfnis- und bindungsorientierte Schlafberaterin, aber was genau ist Bindung und warum spielt sie eine so zentrale Rolle im Kinderschlaf? Das erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.
Lektion 1: 👉Bindung zeigt sich auf vielerlei Weise!
Oft werde ich von Eltern gefragt: „Elena, woran genau merke ich, dass mein Baby eine gute & gesunde Bindung zu mir hat?“. Andere fragen manchmal auch, wie sie die Bindung zu ihrem Kind beeinflussen und stärken können, weil sie befürchten, das die Bindung noch nicht stark genug ist. Diese Fragen zeigen mir immer wieder, wie viele von euch sich mit dem Thema "Bindung" beschäftigen und das finde ich absolut genial! 🙂 Denn dass die Bindung so in den Vordergrund der frühkindlichen Entwicklung gerückt ist, ist eine recht neue Veränderung und noch nicht lange so. Aber dazu in einem anderen Blogbeitrag mal mehr. 😉
Zunächst einmal: Bindung zeigt sich auf vielfältige Weise – in ganz unterschiedlichen Verhaltensweisen, Gesten und Reaktionen. Macht euch also keine Sorgen, wenn eure kleine Maus zum Beispiel nicht stark fremdelt oder sich auch auf dem Arm von anderen Personen pudelwohl fühlt! Unsere Kinder sind höchst individuell und genauso vielfältig sind auch ihre Sprachen der Bindung. Manche Kinder zeigen um den achten Lebensmonat herum aufgrund der sich rasant entwickelnden motorischen Fähigkeiten und einiger Erkenntnisse, die damit einhergehen, ein starkes Fremdelverhalten oder eine ausgeprägte Trennungsangst.
Bei anderen Kindern ist dieses Verhalten weniger stark ausgeprägt. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass die Bindung der Kinder zu ihren Bezugspersonen schwach ist! Jedes Kind drückt seine Bindung auf seine ganz eigene, wunderbare Art und Weise aus. Manchmal könnt ihr als Eltern sogar für einige Stunden den Raum verlassen, und euer Kind scheint das ohne großes Wehklagen zu akzeptieren. Doch sobald ihr wieder in Sichtweite seid, weint euere Maus bitterlich. Manche Kinder haben aber auch hier bereits ein so gutes Urvertrauen entwickelt, weil sie von euch so liebevoll begleitet wurden, dass sie kein Missfallen äußern & auch das ist okay! Sie haben ganz tief in sich drinnen möglicherweise schon abgespeichert: "Diese Welt ist ein wundervoll sicherer Ort & sobald mir etwas fehlt oder ich ein Bedürfnis habe, wird sich darum gekümmert!" 😉Mit diesem Verständnis im Hinterkopf schauen wir uns nun gemeinsam an, was Bindung überhaupt ist.

Was ist Bindung eigentlich genau?💡
„Bindung ist das gefühlsgetragene Band, das eine Person zu einer anderen spezifischen Person anknüpft und das sie über Raum und Zeit miteinander verbindet.“ (John Bowlby)
Bindung, auch als "Attachment" bezeichnet, ist die tiefe, emotionale Verbindung, die mit der Zeit idealerweise zwischen euch und eurem Kind entsteht. Sie ist nicht nur ein Ausdruck der Liebe, sondern auch eine ganz wunderbare Überlebensstrategie! 🙂
Der britische Psychiater John Bowlby sprach davon, dass Bindung ein ganz natürlicher & angeborener "Instinkt" ist, der uns dazu bringt, Schutz & Nähe zu suchen – besonders in den frühen Lebensjahren, in denen euer kleiner Schatz noch vollständig auf euch angewiesen ist, weil nur ihr seine Bedürfnisse befriedigen und ihn vor Gefahren schützen könnt.
Diese Bindung ist nicht nur für das emotionale Wohlbefinden eures Kindes entscheidend, sondern auch für seine Fähigkeit, die Welt sicher zu erkunden und sich physiologisch, sozial und kognitiv gesund zu entwickeln. Wenn euer Kind wirklich ganz stark spürt, dass es sich auf euch verlassen kann, wenn es wirklich drauf ankommt, entwickelt es das Vertrauen in euch und die Welt, das es braucht, um sich frei zu entfalten und die Herausforderungen des Lebens selbstbewusst & konstruktiv zu meistern. 💫
Ja aber wie genau entsteht Bindung denn nun?
Wie die Bindung zwischen einem Kind und einer Bezugsperson entsteht, kann ganz unterschiedlich aussehen! Bei einigen Eltern-Kind-Konstellationen beginnt der Bindungsaufbau schon in den ersten Stunden nach der Geburt, wenn ihr euer Neugeborenes zum ersten Mal im Arm haltet. (Wobei ich persönlich bereits eine Bindung zu meiner Tochter VOR der Geburt gespürt habe – auch das wird absolut unterschiedlich wahrgenommen!) Der erste Hautkontakt, das sanfte Streicheln und das beruhigende Sprechen – all das sind wertvolle Momente, die eure Bindung stärken.

Diese Nähe löst die Ausschüttung des Kuschelhormons Oxytocin aus, das eine entscheidende Rolle beim Bindungsaufbau spielt. Oxytocin fördert nicht nur die emotionale Verbundenheit zwischen dir und deinem Kind, sondern sorgt auch dafür, dass sich eure kleine Maus sicher und geborgen fühlt.
⚠️ Aber ganz wichtig: Bindung ist nicht nur auf diese frühen Momente beschränkt! ⚠️
Sie wächst und entwickelt sich mit der Zeit und kontinuierlich durch die vielfältige alltäglichen Erfahrungen & Interaktionen, die ihr mit eurem Kind sammelt.🌱Jedes Mal, wenn ihr auf die Bedürfnisse eures Babys eingeht – sei es durch Trösten, Füttern, Lächeln oder einfach da sein – stärkt ihr diese Bindung. Diese unmittelbaren & unverzüglichen (!) liebevollen Reaktionen geben eurem Kind das Vertrauen, dass es sich auf euch verlassen kann, was das Fundament für eine sichere Bindung und ein tiefes Gefühl der Geborgenheit schafft. 💫
Warum ist Bindung die Basis für den Kinderschlaf?
Für mich als Kinderschlafberaterin ist eine sichere Bindung DIE Grundvoraussetzung und ein wichtiges Barometer, wenn es um das Schlafverhalten und das Einschlafen eurer Kinder geht. Warum? 👉 Schlaf ist für Kinder oft eine Zeit der Unsicherheit & ein diffuser Zustand. Sie müssen loslassen, die Kontrolle abgeben und sich in die Dunkelheit und abends sogar in die Stille (& die Gefahren) der Nacht begeben. Außerdem bedeutet das Schlafen für viele Kinder eine Trennung von euch, denn eure Kinder haben noch nicht den Erfahrungswert, dass ihr auch 100% da seid, wenn sie wieder aufwachen. Das müssen sie erst noch mit der Zeit und positiven Lernerfahrungen abspeichern. Die emotionale und körperliche Nähe, die ihr während des Einschlafens ermöglicht, gibt eurem Kind genau dieses Gefühl von Sicherheit, welches wiederum die Grundvoraussetzung dafür ist, dass euer Kind überhaupt in den Schlaf finden kann.
👉 Kinder, die eine starke Bindung zu ihren Eltern haben, wissen, dass sie nicht allein sind. Sie haben gelernt, dass ihre Bezugspersonen zuverlässig auf ihre Bedürfnisse reagieren. Mir der Bezugsperson einschlafen ist also absolut genial, denn hier kann die Maus den diffusen Zustand "Schlaf" mit ganz viel Sicherheit verknüpfen. Genau das WOLLEN WIR! Schlafen soll etwas super duper kuscheliges und schönes für eure Kinder werden. DAS ist die Grundvoraussetzung dafür, dass dein Kleinkind in der Autonomiephase, wie es meine Tochter übrigens aktuell sehr gerne tut, von sich aus einfordert (!), dass es das alleinige Einschlafen ausprobieren möchte. 😉
💡 Die Psychologin Mary Ainsworth hat übrigens aufzeigen können, dass Kinder, die eine sichere Bindung zu ihren Eltern haben, langfristig oft besser schlafen und weniger Probleme beim nächtlichen Aufwachen haben. Sie wissen, dass sie nicht allein sind und dass ihre Eltern da sind, um sie zu trösten, wenn sie aufwachen. Dieses Wissen reduziert Ängste und fördert einen ruhigeren, erholsameren Schlaf.
Bindung und emotionale Regulation
Ein weiteres wichtiges Element, das Bindung mit Schlaf verbindet, ist die Fähigkeit zur emotionalen Regulation. Kinder, die sicher gebunden sind, entwickeln langfristig eine bessere Fähigkeit, ihre Emotionen zu regulieren – eine Fähigkeit, die nicht nur beim Schlafengehen, sondern in allen Lebensbereichen von essenzieller Bedeutung ist. Wichtig ist, zu verstehen, dass diese Fähigkeit zur emotionalen Regulation nicht von Geburt an vorhanden ist. Ein Baby oder Kleinkind besitzt diese Fähigkeit aufgrund der fehlenden Hirnreife noch nicht! An dieser Stelle brauchen sie uns Bezugspersonen, um mit intensiven Gefühlen wie Angst, Unruhe oder Überforderung umzugehen.
Durch eure enge Bindung und die wiederholte Erfahrung, dass ihr als Bezugspersonen auf geäußerte Bedürfnisse eingeht sowie die fortschreitende kognitive Entwicklung während der ersten Lebensjahre, lernt euer Kind nach und nach, wie es mit starken Emotionen und Gefühlsstürmen umgehen kann.
Studien zeigen immer wieder: Kinder, die sicher gebunden sind, haben langfristig eine bessere Stressbewältigungskompetenz und Resilienz. Sie entwickeln ein stärkeres Selbstwertgefühl und sind oft sozial kompetenter. Sicher gebundene Kinder fühlen sich nicht nur sicherer in ihrer Umgebung, sondern sind auch neugieriger und mutiger, wenn es darum geht, neue Erfahrungen zu machen. Diese positiven Auswirkungen einer sicheren Bindung reichen bis ins Erwachsenenalter und beeinflussen die Fähigkeit, gesunde Beziehungen zu führen und Herausforderungen im Leben erfolgreich zu meistern.
Kurzum: Es lohnt sich so sehr, in die Bindung zu eurem Kind zu investieren!🙂
Herzliche Grüße aus dem sonnigen Münster sendet
Elena🌷
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